100 Jahre Kunstverein für Kärnten
 
 
   
 

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Manifest der Initiatoren der „Österreich-Galerie“

1. Es ist beschämend,
daß in einer Zeit, in der Kunst mit großer Energie und großem Aufwand an materiellen Mitteln als Beste gewaltloser Gesinnung zwischen Menschen, Völkern, Staaten und ganzen Kontinenten wirkt, der Künstler bei uns als Bettler, als Gegenstand der Sozialfürsorge gedacht und nicht selten auch so behandelt wird …
daß seine Weihe als Tapete oder Kulisse zur Verschönerung unserer Umgebung verstanden werden …
daß seine Existenz erst dann zur Kenntnis genommen wird, wenn er sich außerhalb des Landes einen Namen machte.

2. Es ist beschämend,
daß es uns in den letzten 30 Jahren nicht gelang, der Kunst Österreichs, geschweige denn der Kunst Europas oder der Welt, auch nur den bescheidensten Platz in unserem Land zu eröffnen …
Es ist beschämend, daß wir die Privatinitiative zweier Galerien (Galerie 61 und HiIdebrand), die in dieser Richtung stets wirkte, nicht erkannten und sie resignieren ließen …
Es ist beschämend, daß wir eine Landesgalerie im Stile eines Heimatmuseums errichteten …
Es ist beschämend, daß es uns nicht gelungen ist, im Künstlerhaus der hohen künstlerischen Qualität des Landes gerecht zu werden.

3. Es ist beschämend,
daß die letzten Leitartikel unserer Tageszeitungen, die sich mit den Problemen der Kunst befaßten, vor 20 Jahren geschrieben wurden …
daß unsere Presse über eine kritische Tagesberichterstattung nicht hinauskam …
daß die Redaktionen es nicht zustande brachten, sich in außerkärntnerischen Zeitungen einen Platz für Berichterstattung aus Kärnten zu sichern …
daß es dem Kärntner Rundfunk nicht gelang, im österreichischen Fernsehen in Sachen Kunst einen Platz zu sichern oder diesen mit einwandfreien Informationen zu beliefern …
daß Kärnten keinen Verlag hat, der in Österreich Ansehen oder Wirksamkeit besitzt. es ist beschämend, daß wir es nicht verhindern können, daß Kunstbücher, deren Qualität einfach ein Skandal ist, von Einzelpersonen aufgelegt werden können.

4. Es ist beschämend,
daß es innerhalb von 30 Jahren nicht gelang, eine funktionierende Plattform der Information zwischen Kunst und Politik zu schaffen...
daß unqualifizierte Geschmacks-Orientierung zur Vergeudung öffentlicher Mittel führt …
daß noch immer in Sachen Kunst unqualifizierte Berater durch falsche Meinungsbildung das Ansehen der Kunst herabsetzen oder für den persönlichen Bedarf ausbeuten …
daß es in unserem Land nur wenige Menschen gibt, die wissen, daß Kunst nicht eine Sache des Geschmacks, sondern eine Sache der Erkenntnis ist …
daß sich diese Erkenntnis nur durch persönliche Anstrengung und Kommunikation mit den Dingen der Kunst bildet, und vertieft …
daß der Politiker nicht selten aus Bequemlichkeit gerade der wertvollsten Kunst skeptisch gegenübersteht …

5. Wir sind bereit,
Mißstände dieser Art zu beseitigen.
Wir sind bereit, aus dem alten Künstlerhaus einen gültigen Kunstort für Kärnten und Österreich zu machen.
Wir sind bereit,
die schärfsten Kriterien künstlerischer Qualität in diesem Haus wirksam werden zu lassen.
Wir sind bereit,
uns einer Disziplin zu unterwerfen, die das Wirken persönlicher Geltungs- und Gewinnsucht ausschließt.

6. Wir wollen einen Markt höchster österreichischer und damit überregionaler Kunst bilden.

7. Wir wollen, daß dem Land Kärnten in diesem Haus ein Zentrum entsteht, welches den seit drei Generationen, schwelenden Unmut im Land beseitigt und die Isolation, in der wir leben, aufhebt.

Es gebührt uns;
1. Mitspracherecht in den offiziellen Gremien, die sich mit Kunst als Aktion, als Förderung, .als Wertung befassen.
2. Eine budgetäre Umstrukturierung die es ermöglicht, Kärnten aus der bestehenden Isolation im Bereich der produktiven Gegenwartskunst herauszuführen.
3. Eine etappenweise Umgestaltung der Kärntner Landesgalerie zu einem für ganz Österreich verbindlichen überregionalen Institut von hoher künstlerischer Qualität ist erforderlich.
4. Wir erwarten nicht nur erhöhte Aktivierung der künstlerischen Kontakte zu den Nachbarländern, sondern die Integrierung künstlerischer Werke dieser Länder in unsere öffentlichen Sammlungen.

 

Giselbert Hoke 1975

 

 

Bilder


Giselbert Hokes Manifest und die Reaktionen in den Medien


Pressestimme, 11.12.1975, VZ


Pressestimme, 11.12.1975, KTZ


Pressestimme, 11.12.1975, Kl.Z.


Pressestimme, 14.12.1975, Kl.Z.


Pressestimme, 17.12.1975, Kl.Z.


Pressestimme, 17.12.1975, KTZ


Pressestimme, 17.12.1975, KTZ


Pressestimme, 17.12.1975, Kl.Z.


Pressestimme, 17.12.1975, Kl.Z.


Pressestimme, 17.12.19785, Kl.Z.