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KLEINE ZEITUNG
MITTWOCH, 1. APRIL 1970

Auf dem Neuen Platz in Klagenfurt:
kk-happening

Gestern, einen Tag vor dem 1. April, ging für Klagenfurt das angekündigte Happening der jungen Künstler Pepo Pichler und Wolfgang Walkensteiner in Szene. Kenner behaupten allerdings, ein Happening sei kein Happening, wenn es angekündigt wurde. Also ein Protest. Gegen das bestehende Establishment.
Kenner behaupten wiederum, es sei kein Protest gewesen, auch keine Demonstration. Eigentlich gar nichts als eine verspätete Faschingsaktion. Der Lindwurm wurde nämlich von den beiden Künstlern mit einem Überzug versehen, desgleichen der Herkules. Diesem montierte man noch eine verlängerte Hand an den Körper, die den Lindwurm streichelt. Man hat also beide zahm gemacht, obwohl sie eigentlich ohnehin recht harmlos sind und nur so tun, als ob.
Und auf dem Fetzen, der nun den Lind­wurm verhüllte und dessen Schwanz man um mehrere Meter verlängert hatte, stand zu lesen:
FRAGT EUCH 10 x, WER IHR SEID, LEGT EUCH AUF DEN BAUCH, DENKT AN GAR NICHTS, ÜBERHÖRT BEFEHLE, FRÜHSTÜCKT AM ABEND, LIEBT EUCH SELBST. DIE KUNST SIND WIR!
Man las und dachte an gar nichts.
Oder doch, man sprach seine Gedanken sogar aus angesichts der anscheinend aus ganz Kärnten zusammengetrommelten abenteuerlichen Schar Langmähniger und einer Band, die viel Lärm machte, was manche auch mit Musik bezeichnen. Dazu zwitscherte ein Damenbehüteter Urwaldlaute, verteilte man Flugblätter zur Aufklärung des Geschehens.

Die Kommentare der Zuschauer also:
"Die haben zu wenig zu tun, deshalb sinken sie herab bis auf's Tierische."
"Wenn i zaubern könnt, i tät jetzt den Lindwurm lebendig machen. Hahaha!"
"Wenn die Gammler alle hinaufsteigen, dann ist der Lindwurm eh schon umfunktioniert !"
"Ah, nix is. Da sind a paar aus der Abteilung 11 auskommen!"
"Daß die Stadtgemeinde so einen Blödsinn erlaubt!"
,,A Gemeinheit, den Lindwurm, unser Wahrzeichen, so lie‑zurichten!"
"Gehts arbeiten!" schrie einer, aber sein Ruf ging im Lärm der "Musik" unter.
,,G'sund schauma aus!"
"Kunst ist trotzdem was anderes!"

Wir belauschten auch ein Gespräch:
"Servus, Doktor! Du, die Brüder kannst alle kopfoperieren!" ‑ "Nicht zuständig. Die brauchen alle eine Prothese!'
Ein bekannter Kärntner Journalist:
"An guten Magen muß unsereins schon haben!"
Aber alle Stimmen waren nicht so negativ:
"Endlich einmal was los in Klagenfurt.
Die Spießbürger sollen aufwachen!"
"Ein guter Werbegag für ein paar Firmen !"

Es waren aber gar nicht alles ältere Lette, die sich entrüsteten. Auch nicht junge, die sich dafür aussprachen. Es ist vielmehr ein interessanter Querschnitt durch alle Altersschichten. Für radikale Ausmistung waren eher die Jungen.
Die Veranstalter aber beklagten sich, daß sie keine finanzielle Unterstützung durch die Öffentlichkeit für ihr Happening bekämen, das eine Bewußtseinserweiterung in der Kunst bewirken soll und eine völlig neue Geisteshaltung zu dieser verlangt. Sie nehmen ihr Unterfangen auch ernst, wie sie betonten.
"Nicht umsonst haben wir drei Wochen an dieser Sache gearbeitet."
Es mag ein Zufall sein oder wir wollen ihn als solchen werten, daß beim Happening eine Autofirma die neuesten von ihr vertriebenen Modelle auf dem Neuen Platz aufstellte und eine Bekleidungsfirma ihre Dressmen präsentierte, Dazu kam ein junger Künstler mit seiner "Ersten mobilen Kunstgalerie", Er breitete seine Werke auf dem Beton aus.
Gewußt warum? Jedenfalls bekam das Happening dadurch den Anstrich von K. u, K., also "Kunst und Kommerz".
Aber wenn Sie mich fragen sollten: Mir hat dieses kk‑happening dennoch gefallen. Im Schein der warmen Frühlingsonne stiegen Hunderte Seifenblasen, die irgendwo aus der Menge kamen.
Bunte, glitzernde Seifenblasen!

fc

Bildtexte:
1. Zuerst wurde der Lindwurm verkleidet: Umfunktioniert zum Spruch‑ und Tuchträger.
2. Viel Lärm erzeugte eine Band praktisch um wenig. Aber sie erfüllte ihre Aufgabe.

 

 

Bilder

„… Gehts`s arbeiten!“ Reaktionen auf das kk-happening auf dem Neuen Platz –

Kleine Zeitung, 1. April 1970