Rede zur Konstituierung des  Kunstvereines 1907

Indem ich mir gestatte, Ihnen verehrte Damen und Herren für Ihr Erscheinen im Namen des vorbereitenden Comitees und des Künstlerbundes Jung Kärnten verbindlichst zu danken, begrüße ich alle Anwesenden und hoffe zuversichtlich, daß die heutige Versammlung den Grundstein legen wolle, zu einem schönen Unternehmen, welches unserem Heimatlande gewidmet ist und von dessen Bewohnern wir hoffen einigermaßen unterstützt zu werden.

Es ist gewiß am Platz, Ihnen hochgeehrte Anwesende über  jene Beweggründe Aufschluss zu ertheilen, welche die Einberufer der heutigen Versammlung und einige Gleichgesinnte veranlaßten, die Gründung eines Kunstvereines für Kärnten ins Auge zu fassen.

Die Wahrnehmung, dass das Publikum sich für die in früheren Jahren veranstalteten Kunstausstellungen interessirte, die Thatsache, daß auch jedermal der Ankauf von Kunstwerken ziemlich rege war, ließ erkennen, dass das Interesse für die Kunst vorhanden ist und daß es nur einer zielbewussten  Veranstaltung bedarf  um dieses Interesse in einer für Publikum und Künstler gleich vortheilhaften Weise rege zu erhalten  und zu sichtbaren Leistungen und Erfolgen anzuspornen.

Einige junge Künstler vereinigten sich daher und traten vor drei Jahren mit der im Landhause veranstalteten Ausstellung zum ersten Male corporativ vor ihre Landsleute und wer die Ausstellung gesehen hat  wird ihr einige Anerkennung nicht absprechen können.

Der größte Erfolg dieser Ausstellung war nun die Erkenntnis, daß zwischen dem Publikum und den Künstlern persönliche Beziehungen angeknüpft wurden und sich derart ausbildeten, daß der Vortheil eines korporativen Auftretens klar erkannt wurde. So gründete sich hierauf der Künstlerbund Jung Kärnten mit seinem Sitz in Wien, da dort der größte Theil seiner Mitglieder thätig ist.

Um nun diesen durchaus lebendigen [korr: lebenskräftigen] dem Heimatlande entsproßenen jungen Trieb im Interesse des Landes zu kräftigen, muß ihm von seiner Heimat auch etwas Fürsorge gewidmet werden  und da Einigkeit stark macht  wurde der Plan zur Gründung des Kunstvereines für Kärnten gefasst.

Durch diesen Verein soll ein inniger Kontakt zwischen den heimischen Künstlern und Kunstfreunden geschaffen werden. Die künstlerischen Bedürfnisse des Landes sollen aufgesucht und den Künstlern übermittelt werden. Durch diese Gründung soll eine Centralstelle geschaffen werden, die überall zur Hand ist  wo es gilt  künstlerische Wünsche zu erfüllen. Mag es nun der Bau eines Hauses, die Restaurirung einer Kirche, die Ausgestaltung eines Interieurs, od. die Beistellung eines hübschen Weihnachtsgeschenkes sein, überall soll der Käufer Gelegenheit haben  sich beim Kunstverein Rath zu holen.

(Ein reiches Gebiet fruchtbarer Thätigkeit eröffnet sich dem Kunstverein, das bisher lange vernachlässigt wurde und den Künstlern fast ganz verloren ging: das Gebiet der kirchlichen Kunst. Unsummen gehen jährlich von Leuten, die selbst nie Pinsel oder Meissel in der Hand hatten, es aber seit Jahrzehnten unternehmen, Kirchen künstlerisch oder stylvoll auszuschmücken. Selbst Künstler müssen, wenn sie Beschäftigung finden wollen  die Vermittlung solcher Firmen in Anspruch nehmen.
Da muß Wandel geschaffen werden.
[Kursiv geschriebener Textteil im Original gestrichen]

Jung Kärnten soll zu einem Landeskunstverein erstarken, dieser soll überall im Lande Wurzel fassen und seine Erfolge mögen seine Existenzberechtigung zum Wohle und zur Zierde des Landes beweisen.

Im Namen des vorbereitenden Ausschußes bitte ich Sie nun verehrte Anwesende an die Gründung des Kunstvereines für Kärnten zu schreiten.

Bilder

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Gründungspräsident des Kunstvereines Ferdinand Freiherr von Heldorff
1. Präsident des Kunstvereines
© Privatbesitz Helldorff

… bitte ich Sie nun verehrte Anwesende an die Gründung des Kunstvereines für Kärnten zu schreiten“.
Rede zu Konstituierung des Kunstvereines 1907