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Archäologie
aus dem Jetzt
- eine skulpturale Position

neue Arbeiten aus dem
Material Gummi

Johannes Domenig

3.11. bis 9.12.2000

 

Johannes Domenig hat sich in seinen jüngsten Arbeiten dem Material Gummi genähert. Er vollzieht diese Annäherung sehr bewußt und dezidiert und erarbeitet nach strengem Konzept Volumen und Körper aus diesem Material, um im Verlauf dieser künstlerischen Arbeit immer tiefer in die Faszination des Materials einzudringen.

Gummi als zunächst gleichsam antiskulpturales Material ist geprägt durch Eigenschaften wie Elastizität, den Eindruck von Künstlichkeit, aber auch verbunden mit einer geringen Wertschätzung, um nur diese drei Aspekte anzuführen. In der Abwendung vom Konzept der konzentrierten bildhauerischen Form und der Hinwendung zur Spurensuche, zur Auseinandersetzung mit dem Relikt, zum prozeßhaften Werden von Formen und einer solchermaßen behutsam vorgetragenen Suche, ändern sich jedoch diese Materialzuordnungen zu absolut positiven Kunstqualitäten.

Johannes Domenig hat sich voll auf diesen Gestaltwerdungsprozeß eingelassen. An die Stelle der durchgeformeten Bearbeitung des Materials trat die Suche, die sensible Annäherung, das Finden und nachfolgende behutsame Weiterformen. Aus diesem Arbeitsprozeß entsteht eine Fülle verschiedenster skulpturaler Formen, teils aufgebaut, gefundenen Reste ebenso wie bewußt gesetzte Gestaltungskörper. Diese behutsame Arbeit an der Formulierung der Einzelformen erfolgt in permanenter Spannung zwischen persönlichen Zugriff und Rückgriff auf allgemeine Tradition. Die einheitliche Farbe " Schwarz" der einzelnen Körper lenkt den Blick in konzentrierter Weise auf die jeweilige Form, Das Umrißhafte verbindet sich mit dem Eindruck des Volumens, ein körperhaftes Informel .

Das "Unförmige" verbindet sich so mit klar erkennbaren und zuordenbaren Gegenstandsformen.

Aus solchen Kombinationen heraus entwickelt sich eine Fülle Konnotationen zur Welt des Archaischen, zum Reliquienhaften, zu Relikten, die weit in die Vergangenheit menschlicher Geistesgeschichte zurückweisen. Es entsteht der Eindruck, als ob es sich um ausgegrabene Objekte handeln könnnte, "ausgegraben" auch im übertragenen Sinn aus den Tiefen unseres Unterbewußtseins.

In der Präsentation dieser Einzelobjekte operiert Johannes Domenig stets mit einer rationellen Ordnung, einem Legesystem aus Zeilen, Koordinaten, einer strengen Geometrie. Die dunkle Ahnung seiner archaischen Formverweise - unterbrochen von kleinen persönlichen Ironieschüben - wird als ein gleichsam textliches Ordnungssystem geführt. Der Charakter der Vorläufigkeit, der Abstraktheit dieser Ordnung ist allerdings offensichtlich. So wie sich die Vielfalt der Formen nicht einschränken ließ, sowenig dauerhaft kann auch die streng inszenierte Anordnung dieser Formen sein. Formen und Präsentationsordnung gestalten so einen immer wieder geöffneten Dialog, der sich sehr deutlich auf den Betrachter hin ausrichtet und dessen offene Beweglichkeit einfordert. Johannes Domenig stellt damit einmal mehr in aller Deutlichkeit vor Augen, daß sich gegenwärtige Kunst vom einzelnen Werkstück hin zum Werkprozeß entwickelt: sowohl in der Entstehung von Konzeptgestaltungen wie auch in ihrer Rezeption.

Peter Assmann