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14/1–19/2/2022
Vernissage: 13/1/2022
 

Sisyphos, rolling stone

espresso & mud (Nina Polaschegg, Bruno Strobl)
Gerhard Fresacher und Oliver Welter
^JALS^ (Jan Lauth und Angelique Spanoudis)
ROMAnatol (Romana Egartner und Niclas Anatol)
Céline Struger
Wolfgang Walkensteiner

Kuratiert von den Künstler*innen


Die Ausstellung gestaltet sich um ihren Titel gebenden Anlass „SISYPHOS, rolling stone“ und konfrontiert mit der singulären Aussichtslosigkeit, die der Mythos als bekannt voraussetzt und hier nicht näher ausgeführt wird. Nimmt man zusätzlich in Betracht, als Gesellschaft bzw. als Einzelne/r sich schon zu lange mit einer Pandemie konfrontiert zu sehen, aus der Krankheit, soziale Not, psychisches und physisches Leid sowie der Tod zu uns sprechen, so sind wir dem zu Tale donnernden und eine Spur der Vernichtung ziehenden Stein, dem rolling stone sehr, sehr nahe. Wieder hat ihn der Gipfel abgeworfen, er rollt zu Tale, die Schwerkraft ist sein Schicksal, die Kante sein Verhängnis, Zerstörung seine Macht.

Dem Sinn stiftend Auffälligen, um die Vergeblichkeit diesem Stein des Anstoßes ein cooles Plätzchen am Gipfel des Berges einzuräumen, steht die Aufforderung entgegen, es immer wieder aufs Neue zu probieren. Es Immer wieder zu versuchen-müssen, als dem Maßgeblichen. Denn als Bestrafung entzieht es sich weitestgehend zeitgenössischem Denken.

Der diesem Mythos inhärente Hinweis auf die Vergeblichkeit jeglicher menschlicher Anstrengung, setzt klassisches Tragödienverständnis voraus, das erst Albert Camus im 20. Jahrhundert genussvoll unterlief. Diese Subversion gesteht sich insofern ein rhizomatisches Wuchern zu, als der Mythos und sein perpetuiertes Mythologem in Zeiten der Mediatisierung und Performation in der Kunst, dem Narrativ dieses Mythologems zu weichen hat, dessen kreative Formkraft als intervenierender Gestaltungswille Sisyphos locker an jene Wand spielt, auf der er als Projektion auch noch der Psychoanalyse dienen mag. Aus dieser Enteignung mag er allenfalls ereignishaft zu wirken, oder als künstlerische Intervention (ur-)plötzlich einer tatsächlichen Neuschöpfung zu entsprechen. Dem übermalten Gemälde nach Arnulf Rainer war es damals
nicht anders ergangen, und die völlig stille, tonlose Komposition eines John Cage gehört ebenfalls hier her. Wer oder was also
mimt den Stein?

Der Mythos, der sich als Entbergung einer Ur-Vordenklichkeit und weniger als Schöpfung eines Subjekts begreift, der sich exoterisch durch nichts von einer künstlerischen Handlung, sei es auf der Bühne oder vor der Leinwand unterscheidet, darf somit grundsätzlich zur Disposition stehen. Und erst recht scheint er sich einer Gegenwart zu bemächtigen, die der Mediatisierung und der Performation jenes Stattfinden einräumt, welches seinen Kairos wahrt. Und sei es in Gestalt des Paradoxons. In seiner nunmehr digitalisierten Welt erscheint dem Menschen nichts mehr unmöglich, er wird auch die Nummer mit dem Stein meistern. Er wird aus dem Narrativ ein Drehbuch fertigen, nachdem er den Plot ausrichtet, er wird Sisyphos mit einer Frau besetzen, und den Berg spielt der Dobratsch.

So sind es also wieder die Künstler*innen, die den Ausblick wagen, sie sind die hervorragend Adressierten. Sie scheinen prädestiniert zu sein, der mythischen Unmöglichkeit dieses Unternehmens am ehesten zu entsprechen, das war schon immer ihre Aufgabe. Es bedurfte keiner außergewöhnlichen Antriebe, in der Rolle des Zugpferdes einer wie immer gedachten Kultur sich die Karotte freiwillig und ohne weitere Umschweife vor die Nase zu hängen.

Mittels ihrer künstlerischen Disziplinen, Malerei, Bildhauerei, Objektkunst, Performance, Elektroakustik und Literatur nähern sie sich dem Schauplatz ihres Tragödienbezugs. Dafür sei den neun am Projekt beteiligten Künstler*innen gedankt.

Meine persönliche Fußnote zum Thema, die Sisyphos als Künstler agieren sieht - dessen Werk der Stein und dessen Berg schlicht nicht hoch genug ist - wird sich einer Glaubwürdigkeit, wenn überhaupt, wohl auch erst a posteriori versichern.

Und so wird das geworden sein, was die Künstler*innen am liebsten tun: im Dunklen arbeiten und im Lichte zeigen – zu Jahresbeginn im Künstlerhaus Klagenfurt und ab Mitte des Jahres 2022 im Künstlerhaus in Wien.

Wolfgang Walkensteiner

 




Kleine Galerie

Rupert Wenzel
Skurrile Figuren und Fassadenbemalungen

Die aktuellen Arbeiten von Rupert Wenzel faszinieren, weil sie an der Schnittstelle zwischen Street Art und Salon Art liegen.
Wilde Köpfe, wilde menschliche Gesichtszüge in Verbindung mit Tier- und Fischfiguren, verzerrt durch Farbe, Pinselstrich und Sprühfarbe, bestätigen als künstlerische «lebende Zeugen» die (schrecklichen, aber realen und ewigen) Geschehnisse, denen sich die heutige Gesellschaft gegenübersieht. Rupert Wenzels Werk ist wichtig, weil er uns zeigt, wie und wohin (wenn auch von einem abgeschiedenen Ort in Kärnten aus) die «weite Welt» geht.
Die Gemälde von Rupert Wenzel, die in der malerischen Tradition stehen, die sich durch die malerische Geste über üppige Farbschichten und Ausdruckskraft erfreut, verdienen unsere Aufmerksamkeit. Nicht nur wegen des visuellen Vergnügens, das sie bieten, sondern auch wegen der Botschaft aus der Zukunft, die sie offenbaren.

The current works of Rupert Wenzel fascinate because they are on the cutting edge between street art and salon art. 
Wild heads, wild human features combined with animal and fish figures, distorted by color, brushstroke and spray paint, confirm as artistic "living witnesses", the (horrible, but real and eternal) happenings confronting society today. Rupert Wenzel's oeuvre is important because he shows us how and where (although from a secluded location in Carinthia) the "wide world" is heading.
The paintings of Rupert Wenzel, that are in the painterly tradition that enjoys lavish layers of paint and expressiveness through the painterly artistic gesture, are worthy of our attention. Not only for the visual pleasure they afford, but for the message from the future that they reveal.

Dr. Renée Gadsden

 

 

 

 


Nina Polaschegg (Kontrabass)
und Bruno Strobl (Elektronik) in concert
Foto © Ian Stenhouse


Gerhard Fresacher
höhenbiwak auf 2022 m, 2021
Mixed Media


^JALS^
Grosskopf, 2021
Videoinstallation


ROMAnatol
Atelieransicht


Céline Struger
The Crystal Land II, 2021
Stahl, Wasser, Zeichentusche, Öl, Pigment


Wolfgang Walkensteiner,
Sisyphos II, 2020
Eitempera auf Leinen, intarsiert, 150 x 150 cm
Foto © Ferdinand Neumüller


 


Rupert Wenzel,
Figurenensemble mit Fisch
,
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