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4/3–15/4/2022
Vernissage: 3/3/2022
 

PROUD!

Irene Andessner
Bella Ban
Caroline
Sabine Groschup
Maja Haderlap
Sibylle von Halem
Angelika Kaufmann
Magda Kropiunig
Marlies Liekfeld-Rapetti
Ina Loitzl
Tanja Prušnik
Nina Rike Springer
Tita Ruben
Meina Schellander
Larissa Tomassetti
Andrea Vilhena

Kuratiert von Ina Loitzl


Zeit, um stolz zu sein!

Als Frau in dieser Zeit, in einer fortschrittlichen Familie
aufgewachsen zu sein ist ein großes Privileg. So gab es in meiner Familie durchwegs starke Frauen – jede war autonom und übte einen eigenen Beruf aus. Neben dem Gasthaus, dem eigenen Papiergeschäft, dem Vollzeitberuf als Sekretärin oder Lehrerin schaukelten sie alle das Familienleben. Alle vertraten ihre eigene, individuelle Meinung. Manche davon meisterten – oft als Witwen – bis ins hohe Alter ihren Alltag im Alleingang. Ich selbst war als Kind sehr ruhig, hielt mich meist im Hintergrund. Im musischen Gymnasium in Viktring wurde ich während acht Jahren kreativ gelebter Offenheit immer selbstbewusster und auch zusehends kritischer gegenüber den klassischen Rollenbildern der Geschlechter.

Der Schritt, ausschließlich als bildende Künstlerin zu agieren – ein nicht gerade sicheres berufliches Terrain – wurde keineswegs mit Kopfschütteln bewertet. Ich erfuhr in den ersten 30 Jahren des Durchbeißens vielmehr stetigen Rückhalt. Nicht nur familiär, sondern besonders in der Klagenfurter Kunstszene. Dass diese Unterstützung dort allerdings fast ausschließlich von Frauen kam, ist wiederum erwähnenswert. Sowohl meine erste Galerie-vertretung, die erste größere museale Ausstellung, die Jury des ersten Förderungspreises, die ersten journalistischen Rezensionen – alles geschah ausschließlich auf Einladung oder aufgrund des Handelns von Frauen. Für diese Unterstützung bin ich rückblickend ausgesprochen dankbar und es ist mir daher ein echtes Anliegen, dies weiterzugeben.

Die Ausstellung PROUD! stellt nach der Ausstellung BLUTROT, im Kunstverein Kärnten im Jahr 2017, meine zweite allein kuratierte (fast) reine Frauenausstellung dar. Es liegt mir viel daran, Kolleginnen, die ich sehr schätze, zu zeigen und sichtbarer zu machen. Eine ünstlerinnenausstellung also? Nein, viel mehr als das!

Ein Rückblick

2019, auf die Einladung hin, die Trophäe für den Maria-Tusch-Frauenpreis (in Gedenken an die couragierte Politikerin Maria Tusch) für das Jahr 2020 zu gestalten, las ich im Büro von Astrid Malle (Büro für Frauen, Chancengleichheit und Generationen) die Klagenfurter Frauengeschichtenbroschüre. Dieses schmale Heft dokumentiert bekannte Frauen mit Klagenfurt-Bezug wie z.B. Ingeborg Bachmann, Maria Lassnig u.a. Allerdings las ich auch von Namen und Berufen, von denen ich ehrlicherweise noch nie zuvor gehört hatte. In der Recherche bemerkte ich, dass es nicht an meinem Desinteresse lag, sondern an Fakten, an denen ich neu rütteln muss: Um Gleichstellung erzielen zu können, benötigt es Vorbilder.

Geschichtsbücher werden von Männern geschrieben und von ihren Bildern und Taten dominiert. Viel zu oft bleiben weibliche Akteurinnen unerwähnt. Um die Frauen-Quote steht es in den Geschichtsbüchern also schlecht. Auch Klagenfurt hat viele Frauen, auf die wir stolz sein können. Gleichzeitig gibt es eine unglaubliche Qualität von Frauen in der Klagenfurter bzw. Kärntner Kunstszene, die es zu zeigen gilt. In meinem geistigen Auge sah ich das Künstlerhaus, einen historischen Bau mit viel Licht und Platz, um diese ausgewählten weiblichen Persönlichkeiten der Geschichte mit zeitgenössischen Künstlerinnen in einen Dialog zu stellen. Oder noch besser: ins Rampenlicht.

Starke Frauen!

Für die Ausstellung werden Gegenwartskünstlerinnen zu Patinnen. Sie widmen die ausgestellte Arbeit dem Gedächtnis einer dieser historischen Frauen, treten mit Ihnen in Dialog, um sie so vor der Streichung aus dem kollektiven Gedächtnis zu bewahren. Als Mutter möchte ich bewusst machen, dass die Geschichtsschreibung nicht gleichberechtigt sein kann. Also erinnern diese Dialogpaare unter anderem an eine Frau, die schon vor mehr als 400 Jahren als Musikpädagogin fungierte, an eine andere die vor 250 Jahren eine große karitative Einrichtung begründete, an eine weitere, die vor mehr als 100 Jahren bei den ersten Autorallyes mitfuhr, sowie an eine Frau, die sich vehement für das Frauenwahlrecht einsetzte.

Bei der Auswahl für die Dialogpaare habe ich mich fast ausschließlich auf Künstlerkolleginnen aus Klagenfurt oder aus Kärnten stammende bzw. nach Kärnten gezogene konzentriert. Die Ausnahme bilden zwei Gastkünstlerinnen. Den Fokus legte ich auf erfahrene aber meinem Gefühl nach mit zu wenigen Ausstellungen geehrten Kolleginnen. Man bedenke die Tatsache, dass etwa in Niederösterreich schon zu Lebzeiten Künstler wie z.B. Arnulf Rainer ein eigenes Museum mit ihrem Namen punzieren. Davon können Künstlerinnen meist nur träumen.

Meine ehemalige und geschätzte Kollegin Tita Ruben hat mit ihrem Kunstberuf abgeschlossen. Sibylle von Halem bleibt aufgrund ihres „Brotberufs“ kaum Zeit für ihre aufwändigen Installationen. Angelika Kaufmann ist grundsätzlich als eher zurückhaltend bekannt. Meina Schellander hat für mich den Status einer internationalen Größe. Die Arbeit der Konzeptkünstlerin Irene Andessner ist für mich ein regelrechtes Geschenk, denn ihr Triptychon zeigt nicht nur die weibliche Galerie- und Museumsszene in Klagenfurt, sondern auch Sammlerinnen und weitere Kolleginnen, die Teil der Ausstellung sind. Leider ist es nur ein Ausschnitt und eine Ausstellung kann nicht allen gerecht werden. Es fehlen trotzdem so viele. Aber auch die historischen Personen stellen nur eine kleine Auswahl dar – vielleicht ein Grund in ein paar Jahren PROUD! 2.0 anzudenken?

Reine Frauenausstellungen werden manchmal negativ aufgenommen – denn historisch betrachtet wurden (und werden) in erster Linie Männer ausgestellt und definieren so den gelernten „Normalfall“. Künstlerinnen waren in großen Gruppenausstellungen oft äußerst schwach vertreten. Ähnlich verhält es sich auch bei Kunstankäufen, Soloausstellungen und Archivierungen – leider immer noch. Verstorben heißt für Künstlerinnen oft vergessen.

Ich bin aber sehr dankbar für die Präsenz von zwei männlichen Kollegen. Sprich: Quotenmännern. Hubert Sielecki hat mit Maria Lassnig die Kantate produziert – und wir haben so ein wundervolles (Selbst)Portrait Maria Lassnigs in der Ausstellung. Und Timm Ulrichs war mit einer eigenen Arbeit Ideenspender für Irene Andessners Abendmahl MMKK bei der er auch in Persona und als Hahn im Korb selbst am Tisch mit all den Frauen der Kärntner Kunstszene sitzt. Es ist mir sehr bewusst, dass wir nur gemeinsam Gleichstellung erreichen können. Nur durch Wertschätzung, Verständnis und sensiblen Beobachtungen, einer inklusiven Sprache und durch entsprechende Korrekturen.

PROUD! soll all die Frauen zeigen und klarstellen, dass nicht Alles unmöglich war (und ist). Durch konsequentes Beharren auf ihre Ideen konnten diese 22 Frauen vieles erreichen. Wir Künstlerinnen würdigen sie mit unserer Arbeit. Wir alle benötigen zeitgenössische und historische Vorbilder.

Übrigens gab es im Vorfeld die Möglichkeit die Patenschaft für das Werk einer der Künstlerinnen zu übernehmen und auf diese Weise wertzuschätzen. Auch das Frauenbüro hat die Ausstellung tatkräftig und finanziell unterstützt. Wir wissen nur zu gut, dass sowohl Frauenarbeit als auch Dienstleistung im Kulturbereich oft genug gratis geleistet wird. Daher freue ich mich, dass dadurch jede Teilnehmerin ein kleines Honorar erhält. Ganz nach dem Motto: „Pay the artist now!“.

Ina Loitzl, 2022

 

 

Begleitprogramm

10/3/2022 — 18.30 Uhr
Maria Tusch-Frauenpreis-Verleihung
der Stadt Klagenfurt mit Konzert Anmeldung erforderlich unter: frauen.chancengleichheit.generationen@klagenfurt.at

19/3/2022 — 11 Uhr
denken erlaubt: „Der verkaufte Feminismus“

Wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde. Lesung und Diskussion mit der Autorin Beate Hausbichler

24/3/2022 — 18.30 Uhr
Filmabend
Animations- und Kurzfilme von Sabine Groschup, Ina Loitzl, Hubert Sielecki und Nina Rike Springer, anschließend ausgesuchte (Tanz)musik von DJ Evelyn Steinthaler

25/3/2022 16-18 Uhr und 26/3/2022 11-13 Uhr
Stadtführung #beproud2022 – „Klagenfurterinnern"
Eine frauengeschichtliche Spurensuche mit Austrian Guide Gerlinde Klammer-Minichberger Anmeldung unter: Gerlinde.klammer@gmail.com

2/4/2022 — 11 Uhr
Literaturfrühstück
des Kärntner SchriftstellerInnenverbandes

 

 

Biografien

Irene Andessner
1954 in Salzburg geboren
Lebt und arbeitet in Wien
www.andessner.com

Bella Ban
1958 in Klagenfurt geboren
Lebt und arbeitet in Klagenfurt
https://ktnv1.orf.at/magazin/magazin/kulturundtipps/
stories/475532/

Caroline
1940 in Graz geboren
Lebt und arbeitet in Kärnten
www.caroline-art.com

Sabine Groschup
1959 in Innsbruck geboren
Lebt und arbeitet in Wien
und Berlin
www.sabinegroschup.at

Maja Haderlap
1961 in Bad Eisenkappel/
Železna Kapla geboren
Lebt und arbeitet in Klagenfurt
https://de.wikipedia.org/wiki/Maja_Haderlap

Sibylle von Halem
1963 in Deutschland geboren
Lebt und arbeitet in Kärnten
www.sibyllevonhalem.eu

Angelika Kaufmann
1935 in St. Ruprecht
bei Villach geboren
Lebt und arbeitet in Wien http://www.austrian-art.at/cms/index.php?page=angelika-
kaufmann

Magda Kropiunig
1977 in Klagenfurt geboren
Lebt und arbeitet in Klagenfurt und Wien
https://www.sobieszek.at/kuenstler/magda-kropiunig/

Marlies Liekfeld – Rapetti
1939 in Königsberg geboren
Lebt und arbeitet in Klagenfurt
https://liekfeld-rapetti.webflow.io/

Ina Loitzl
1972 in Klagenfurt geboren
Lebt und arbeitet in Wien
und Kärnten
www.inaloitzl.net

Tanja Prušnik
1971 in Wolfsberg geboren
Lebt und arbeitet in Wien
und Kärnten
www.prusnik.com

Nina Rike Springer
1976 in Klagenfurt geboren
Lebt und arbeitet in Wien
www.ninaspringer.com

Tita Ruben
1970 in Wolfsberg geboren
Lebt in Feldkirchen, arbeitet nicht mehr als Künstlerin
www.tita-ruben.biz

Meina Schellander
1946 in Klagenfurt geboren
Lebt und arbeitet in Wien und Ludmannsdorf/Bilčovs, Kärnten
https://www.galerie-walker.at/meina-schellander/

Larissa Tomassetti
1972 in Villach geboren
Lebt und arbeitet
in Gmünd und Villach
www.larissa-tomassetti.com

Andrea Vilhena
1982 in Klagenfurt geboren
Lebt und arbeitet in
Klagenfurt und Lissabon
www.andreavilhena.com




Kleine Galerie

Monika Kircher
Neue Arbeiten

Es gibt keine einzig wahre Sicht auf die Dinge und Ereignisse, sondern unendlich viele Möglichkeiten – und damit viel Raum für Miss- und Unverständnis. Sie setzt Zeichen, die keiner logischen Folge entsprechen, entwickelt das Bildgeschehen ohne feste Zielsetzung und will dennoch Geschichten erzählen. Freilich keine letztgültigen, sondern Gedankenanstöße für eben diese unendlich vielen Möglichkeiten der Sichtweisen und Interpretationen.

(Verena Kienast)

 

 

 

 


Irene Andessner, Timm Ulrichs
Abendmahl MMKK, Motiv #01, 2011
Duratrans Leuchtkasten
80 x 100 cm


Bella Ban,
verde laponia, 2020
Quarzit, Blattgold
20 x 15 x 3 cm


Caroline,
SPIRALE I
, 2004
mundgeblasenes Glasobjekt, Kristall-Rubin
⌀ 35 cm


Sabine Groschup
Epauletten der Mutters Geist Hände #4
(Maria Lassnig gewidmet)
, 2017
Stickerei auf Taschentuch
38 x 39 cm


Maja Haderlap
das unsichtbare mädchen, 2014
in langer transit, Gedichte
Wallstein Verlag Göttingen


Sibylle von Halem
reveal, conceal, 2013
Aluminium, Stoff, Spitze, Nieten, Gummikordel
157 x 85 x 85 cm


Angelika Kaufmann
Tagebuchnotizen, 1993/94
Buchobjekt, Tusche auf Papier
20 x 10 x 5 cm

Magda Kropiunig
#32 Magda Kropiunig, 2021
Videostill aus: Ute Liepold, fluid identities
Partizipativer Videoessay
Dauer 1:57 min.

 

Marlies Liekfeld-Rapetti
Aschekleider / verstricktes Märchen, 2013/2O20
Aquarell, Asche, Tusche auf Papier
300 x 50 cm

Ina Loitzl
Maria-Tusch-Frauenpreis, seit 2020
Acryl, Metallnadel, Brosche abnehmbar
30 x 20 x 20 cm

Tanja Prušnik
Utopia_FL“, 2016/2022
Öl, Acryl auf Leinwand, Stahl, Spiegel;
Stelen, 2 x 2 x 1 m

Nina Rike Springer
Manöver, 2019
C-Print, aus der Serie Schöne neue Welt
100 x 100 cm

Tita Ruben
NIMMSTHINWEG, 2013
Digitaldruck auf Schaffell
130 x 90 cm

Meina Schellander
Was die Welt zusammen hält 42, 1997
Zeichnung auf geleimten Aquafix
96 x 114 cm

Larissa Tomassetti
GO Lucy, 2020
Öl und Acryl auf Leinwand
200 x 440 cm

Andrea Vilhena
Variation #4, 2013
Puppe, Textil
150 x 40 x 10 cm