Beatrix Bakondy, Barbara Bernsteiner,
Uwe Bressnik,
Josef Dabernig, Dietmar Franz, Markus Hanakam& Roswitha Schuller, Cornelius Kolig, Burgi Maierhofer, Melitta Moschik, Edith Payer, Pepo Pichler, Ursula Pühringer, Wolfgang Reichmann, Bernhard Wolf
Kuratiert von Markus Waitschacher
Beitrag zur Kärnten Triennale II des Kärntner Kunstvereins zeit.čas.tempo
Ethnologie ist eine Kulturwissenschaft. Genauer, die Wissenschaft vom kulturell Unverstandenen. Kultur sitzt zunächst im Geist des Menschen: Werte, Normen, Vorstellungen, Ideen, Weltsicht und Weltverständnis. Wenn solche geistigen Dinge von einer Gruppe von Menschen geteilt werden, sprechen wir von Kultur. Aber Kultur bleibt nicht in den Köpfen und Herzen der Menschen. Sie dringt nach außen, informiert wie wir leben, was für eine Welt wir uns schaffen, wird sichtbar, fühlbar und erfahrbar. Unsere gesamte Lebensweise ist Ausdruck von Kultur.
Die Ausstellung versammelt künstlerische Positionen, in denen das Sammeln von Alltag und der Blick auf verschiedenste Lebenswelten von Menschen im Fokus stehen. Diese Ethnografie der „kleinen Dinge” findet in der bildenden Kunst längst Anklang, wo Objekte des täglichen Lebens in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückten. Der Mensch stand und steht im Mittelpunkt beider Disziplinen, die bildende Kunst und die Kulturwissenschaften gehen seit je her verpartnerte Wege. Gerahmt sind diese Zusammenhänge von lange eingeschulten Wahrnehmungs- und Präsentationsmustern von Kunst und Kulturobjekten, an denen sowohl die ethnografische Praxis, als auch die Kunstwissenschaft maßgeblich Einfluss hatten. Diese Muster wirken bis heute in verschiedenen Institutionen wie Museen oder dem Kunstmarkt nach.
Der Umgang mit fertigen Gegenständen wirft Fragen nach dem Zeitlichen auf. Welche Zeit und welche Menschen repräsentieren diese Fallstudien? In welche Zukunft hingerichtet bewahren wir Dinge auf? Ist den Gegenständen per se ein (Ablauf)datum eingeschrieben?
In der Ausstellung tauchen verschiedenste Sammlungen auf. Ob Plastik-, oder Müllsäcke, Graffiti-Darstellungen, Werbeikonen oder aufblasbare Schwimmutensilien. Eine Vielzahl an Menschen wird portraitiert, befreundete, verwandte, bekannte und unbekannte, aus der Nähe oder der weiten Ferne.
Was könnte an so einer Ausstellung „Kärntnerisch” sein? Außer biografischen Zufälligkeiten wohl vielleicht recht wenig. Oberflächlich ließen sich bestimmte Spezifika natürlich herausarbeiten, lassen wir uns jedoch nicht allzu schnell dazu verleiten. Gerade die Kunst legt nämlich Einspruch ein, wenn einfache Subsumierungen zu Festschreibungen werden. So findet man auch in dieser Ausstellung keine eindeutige Zeit, Kultur und schon gar kein Schlag Menschen festgehalten und abgebildet. Sie bietet vielmehr ein Kaleidoskop, durch das hindurch blickend wir über solche Kategorisierungen und deren Konstruktion nachdenken können.
Markus Waitschacher
Kleine Galerie
ART FACES
und Willibald Zunk Melitta Moschik und Portraits aus der Sammlung des Kunstvereins Kärnten
Der Kärntner Maler Willibald
Zunk (1902–1952) zählte um
die Mitte des 20. Jahrhunderts
zu den bedeutendsten Kärntner
Kulturschaffenden. Die Sammlung des Kunstverein Kärnten beinhaltet zwei seiner Selbstporträts, sowie zwei Porträts seiner Künstlerkollegen Arnold Clementschitsch (1887–1970) und Herbert Boeckl (1894–1966), die ebenfalls Willibald Zunk abbilden.
Welche Person repräsentieren
diese Künstlerporträts? Wie lässt sich die Selbstdarstellung und Intention des Künstlers mit der Fremdwahrnehmung und Rezeption seiner Malerkollegen abgleichen? Welche Identitäten werden abgebildet, wie wird das Wesen des Künstlers Willibald Zunk in den Darstellungen erfasst?
Die Porträtkunst, das Abbilden
von Persönlichkeiten, war und
ist ein künstlerisches Mittel zur Dokumentation der „Gesichter der Kunst“. Deren wesentliche Funktion, den Menschen durch sein Abbild
zu erhalten, trägt zur Archivierung und Erinnerungskultur bei.
In der Kleinen Galerie des Künstlerhauses werden zwei Selbst- und zwei Fremdporträts von Willibald Zunk präsentiert. Die künstlerischen Bildnisse sind in Viertelprofilansichten als symbolhafte Repräsentanten lesbar und stellen sich in ihrer malerischen Kraft und koloristischen Ausprägung dem Vergessenwerden entgegen. Melitta Moschik gesellt sich als Gestalterin dieses Ausstellungsensembles selbst in Form eines digitalisierten, mittels 3D-Druckverfahren gefertigten Selbstporträts dazu.
Auf einem Sockel unter einem Glassturz stehend betrachtet sie
die Porträts ihrer Künstlerkollegen
und lotet die Wirkung ihrer Repräsentation und Imagebildung aus. Das seit 2017 von ihr konzipierte intermediale Kunstprojekt ART FACE COLLECTION CARINTHIA verfolgt den Aufbau einer analogen und digitalen Porträtsammlung von Kärntner Kunstschaffenden, welche mittels 3D- Scanverfahren erfasst und im Maßstab 1:10 verkleinert
als Ganzkörpermodelle aus Polymergips reproduziert werden. Das 3D-Porträtarchiv greift im ethnografischen Kontext die tradierten Aspekte der Erinnerungskultur in zeitgenössischer Form auf und gibt den Künstlerinnen und Künstlern digitale und reale Präsenz.
Video von Chris Haderer
Bernhard Wolf, Zeit, 2013
aus der Serie: In alle Netze
Größe und Materialien variabel
Beatrix Bakondy Aerosole, 2014
Spraylack auf Hartfaserplatte, je 24 × 18 cm
Barbara
Bernsteiner laufzwerg_zeitlos, 2008
Fundobjekte, Wolle, 25 x 15 x 30 cm
Uwe Bresssnik Takeaway, 2013
grundiertes Mischgewebe auf Keilrahmen,
Plastiktaschen, je 40 x 40 cm
Josef Dabernig Hotel Roccalba, 2008
35mm auf SD Video, s/w, 10 min.
Regie, Buch, Schnitt und Produktion: Josef Dabernig
Kamera: Christian Giesser
Tongestaltung: Michael Palm
DarstellerInnen: Annemarie Dabernig, Anni Dabernig,
Josef Dabernig sen., Josef Dabernig, Wolfgang Dabernig,
Karin Franz, Maria Franz, Isabella Hollauf, Hedwig Saxenhuber,
Georg Schöllhammer, Ingeburg Wurzer, Otto Zitko
Förderung: if innovative film Austria, ORF Film/Fernsehabkommen
Dietmar Franz w.w.w. world wide waste, 2019
Ausschnitt
Markus Hanakam & Roswitha
Schuller The Heralds, 2017
4k Digital Film, Farbe, Stereo, 07’11’’
Markus Hanakam & Roswitha Schuller
DarstellerInnen: Albina Degtyareva,
Prokopiy Davydov, Revoriy Chemchoev;
Produktionsassistenz: Tuyaara Degtyareva;
Commissioned by 12th Krasnoyarsk
Museum Biennial, RUS;
Förderung: Austrian Cultural Forum Moscow, Kyrgydai Village, Yakutia – Sakha Repbulic
Cornelius Kolig Anton Kolig zum 100. Geburtstag, Ausschnitt, 1986
Burgi Maierhofer Carinthia first!, 2018
Öl auf Leinwand
Melitta Moschik Das kleine Schwarze, 2020
Kleinplastik, Aluminium, beschichtet, graviert
Höhe 23 cm, ∅ 16 cm, 3,5 Liter
Wolfgang
Reichmann FRUIT piece 163#01, 2011
Photogramm, Silver Print auf Alu Dibond
Unikat, 60 x 50 cm
Edith Payer Sloane’s Agony (Box 42), 2018
Pepo Pichler East-West Medicine, 1996/2020
Ursula Pühringer 1945 – 1889 – 1946, 2007
Digital Print auf Leinwand, 111 x 59 cm
Bernhard Wolf Untitled, 2001
aus der Serie Leibstandarte/Realität
Wandinstallation,
Porträt Herbert Boeckl,
98 x 73 cm
Kleinplastik ART FACE 01,
16.4 x 5 cm, Sockel 134 x 23 cm,
Glassturz 23 x 13 cm
Wandinstallation
Selbstporträt W. Zunk, 82 x 58 cm
Selbstporträt W. Zunk, 49 x 44 cm
Porträt Arnold Clementschitsch, 59.5 x 51 cm