Biografie
Valentin Oman
Geboren am 14. Dezember 1935 in St. Stefan/Šteben bei Villach, maturierte Valentin Oman 1958 im Marianum Tanzenberg / Plešivec. Von 1958 bis 1962 studierte er bei Professor Hilde Schmid-Jesser an der heutigen Universität für angewandte Kunst in Wien, 1963 schloss er eine Spezialklasse für Druckgrafik bei Professor Riko Debenjak an der Akademie für bildende Kunst in Laibach / Ljubljana ab.
Neben zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland, darunter auch im Oman und Jemen, hat Valentin Oman vielfältige Arbeiten für den öffentlichen Raum sowie Auftragsarbeiten für öffentliche Gebäude realisiert, darunter die künstlerische Gestaltung des Bundesgymnasiums für Slowenen in Klagenfurt, die Wandmalerei und der Piraner Kreuzweg in der Kirche Tanzenberg / Plešivec, sowie die Dolmeterschkabine in der Universität Klagenfurt, die mit Schriftbändern der zweisprachigen Ortsnamen Kärntens überzogen ist. Als Kärntner Slowene ist Valentin Oman der Erhalt und die Gleichberechtigung der slowenischen Sprache ein großes Anliegen.
Valentin Oman ist unter anderem Ehrendoktor der Universität Klagenfurt, Träger des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst der 1. Klasse und erhielt vom slowenischen Staat den Goldenen Verdienstorden. Er lebt und arbeitet in Wien und in Finkenstein / Bekštanj.
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Wir sind Reisende
Valentin Oman, der Künstler, und ich, der Verleger, kommen aus einer Welt, in der die slowenische Sprache in der Kindheit eine Selbstverständlichkeit war. Schon damals war es aber nicht mehr selbstverständlich, sie im öffentlichen Raum anzuwenden. Oman wurde später der Vorwurf gemacht, ein Lemming zu sein, der das Land zu verlassen habe. Mir wurden, wegen des Gebrauchs der eigenen Sprache, Ohrfeigen verpasst.
Oman entwickelte in der Kunst eine Sprache, die in der Oberfläche rau und durchlässig ist, die den Schichten eine Porosität gibt, die wiederum mit der Zartheit unserer Seelen und der Sprache unserer Jugend korrespondiert. Wenn wir mit den Fingerkuppen über die porösen Farben gleiten, schauen wir mit den Fingern und den Kuppen und vernehmen den Klang jener Kinder-Träume, der in der von uns memorierten Sprache die Poetik des menschlichen Seins heute nicht als Trauer über das Verlorene auferstehen lässt. Es mehrt die Hoffnung über das Mögliche und die Notwendigkeit nach gegenseitiger Achtung, für die man sich nach seinen gebotenen Möglichkeiten bemüht. Ob durch Kunst oder Literatur, ob durch Wirtschaft oder Politik, ob durch Religiosität oder Musikalität.
Ich versuche mit der von mir verlegten Literatur Bilder zu zeichnen, die uns in ihrer
typografischen Gleichheit das Unscheinbare näher zu bringen imstande ist. Wo sich die Unterschiedlichkeit des Gesagten nicht in der verwendeten Schriftart, vielmehr im Ton und im Klang des skizzierten Wortbildes, und der Feinheit des Unterschiedes, im Erzählten und im Satzrhythmus - erkennen lässt.
Wir befinden uns auf einer Reise zum vereinigten Europa und aus unseren im Laufe der Jahrzehnte gewonnen Erfahrungen haben wir beschlossen, unsere Zukunft in der Zukunft zu suchen. Europa stehe am Scheideweg, an einer Kreuzung, sagte einmal Václav Havel, im Gespräch mit Jiří Gruša, man wisse noch nicht, wohin die Reise gehen würde. Es könnte durchaus in eine positive Richtung gehen. Doch dafür müsse man etwas tun. In Europa alleine gibt es in 49 Staaten gut 200 verschiedene autochtone Sprachen und Kulturen und weitere 200 Sprachen der zugewanderten Menschen. Einige werden noch immer zu Nationalsprachen emporgeadelt, viele andere weiterhin zu Minderheitensprachen hinabgewürdigt. Aus unserer Situation in Kärnten wissen wir, dass es hoch an der Zeit ist, diese Unterscheidung zu beenden und ihnen die darin verborgene Sprengkraft zu nehmen. Indem man diesen Unterschied nicht mehr macht, wird alles, was damit in Verbindung steht, aus seiner Sonderrolle herausgelöst. So könnte man den Weg freilegen, um über Gesamtlösungen nachzudenken, in denen jede einzelne Kultur und Sprache ernst genommen wird, unabhängig davon, ob sie staatsbildend, nationalstaatstragend ist oder nicht.
Und so sind wir da, wo wir heute sind. Die Politik im Lande fürchtet sich nachwievor vor der slowenischen Kultur und weiß nur, dass sie mit dem europäischen Anspruch der Achtung anderer Kulturen und der konkreten Förderung dieser im Lande nicht umgehen kann. Sie entschließt sich, die zweite Kultur endgültig sterben zu lassen. Der neue slowenische Staat will keine internationalen Komplikationen und bekennt sich verbal immer leiser zum einheitlichen Kulturraum. Allen gemein ist es, dass sie nicht wissen, wie z.B. mit verschiedenen Sprachen in Grenzregionen - und im allgemeinen - umgegangen werden soll und sie verzichten darauf, die demokratische Orientierungen, wie sie in der Europäischen Union formuliert sind, konkret anzuwenden, Wege zur Umsetzung zu suchen und diese den Menschen auch offensiv zu vermitteln.
Auf der einen Seite steht das Postulat Europas, dass das "Zusammenleben mit
unterschiedlichen sprachlichen und religiösem Hintergrund innerhalb Europas" die Grundlage des gemeinsamen Seins sei. Wenn es hier nicht gelinge, schreibt der libanesische Schriftsteller Amin Maalouf in seinem Plädoyer, das er für die EU formuliert hat "so gelingt es nirgendwo" und verlangt, zumindest eine "zweite Adoptivsprache", neben der eigenen Muttersprache, zu erlernen. Dieser Wunsch ist bis heute bei der breiten handelnden Politik noch nicht angekommen, geschweige denn, dass er angenommen worden wäre.
Zwar kann kein Künstler, kein Literat und kein Verleger diese Fragen lösen; was sie jedoch vermögen, ist, das bildnerische, das sprachliche und das begriffliche Instrumentarium zu liefern, mit dem die Menschheit an friedlichen Lösungen von Konflikten arbeitet und dem Hass und der Demagogie den Boden entzieht.
Es sind die Poeten, es sind die Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die Übersetzerinnen und Übersetzer, die Maler und Malerinnen und die Bildhauer und Bildhauerinnen, die das Neue benennen, der Zeit vorauseilen und in ihren jeweiligen Sprachen Bilder zeichnen und diesen Töne geben, welche die Herzen der Menschen erreichen und ihnen Frieden bringen.
Auf eine Weise sind wir beide, Valentin Oman und ich, Zeichner. Zeichner einer in uns verborgenen Hoffnung, einer offen gestalteten Welt, an der wir gerne alle, die es möchten, teilhaben lassen wollen. Wir sind, denke ich, unverbesserlich im Glauben, dass, nach Fatos Arapi, jeder Mensch in der Brust einen Himmel hat und dann fliegt eine Schwalbe.
Lojze Wieser
18.4.2009
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