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11. September – 29. Oktober 2020

Genealogie der Dinge

Deichkind, Spohie Dvořák, GIFT, Hanna Kučera, Yoshinori Niwa, Pusha Petrov, Elisabeth von Samsonow, Manuel Sékou, Tsai-Ju Wu

Kuratiert von Yul Koh, Rebecca Fuxen
und Maximilian Gallo

Vernissage
10. September 2020, 19:00

Begrüssung — pozdravni nagovor
Gilbert Isep, Präsident / predsednik

Einführende Worte — uvod
Im Dialog: Yul Koh, Rebecca Fuxen
und Maximilian Gallo

Das Projekt Genealogie der Dinge widmet sich alltäglichen Gegenständen und ihren Geschichten: Neun zeitgenössische, künstlerische Positionen werden gemeinsam mit den Ergebnissen der Schulworkshops gezeigt, die während der Laufzeit der Aus­stellung stattfinden. In den Workshops setzen sich Schüler*innen des Bundesrealgymnasium Klagenfurt-Viktring mit der Thematik der Ausstellung und den gezeigten Arbeiten auseinander. Ihre Ergebnisse sind Teil der Ausstellung als möglicher Eingriff oder Umdeutung.

Die Ausstellung fragt nach dem Stand der Dinge, nach ihren Positionen im gesellschaftlichen Diskursraum und nach den Machtpotentialen, die ihnen eingeschrieben sind. Was sind überhaupt Dinge? Wen oder was repräsentieren sie? Welche Rolle spielt das Ding als Wertgegenstand? Welchen Gebrauchs- und Tauschwert hat es? Welche emotionalen, persönlichen, sozialen und politischen Werte trägt es?

Die Genealogie steht dabei im Zeichen der Geschichte und der Archäologie. Das Ding wird einerseits als Fährte verstanden, das manchmal direkt, manchmal auf Umwegen, zu bestimmten und unbestimmten, vergangenen und zukünftigen Ereignissen führt. Gleichzeitig geht es nicht nur darum, das Ding zu interpretieren, sondern es als materielle Komponente in einer komplexen Architektur des Wissens ein- und anzuordnen, das heißt sein Wirken stets in Verhältnissen zu begreifen.

Über den Stand der Dinge hinaus geht es darum, ihre Ordnung und ihre Sprache zu erforschen. Die Sprache der Dinge wird zu einer materiellen Kondensation von Beziehungsweisen zwischen Mensch, Gesellschaft und Politik mit all ihren Begehren. So ist das Ding als Ware hier als Verdichtung von Arbeitskraft, sozialen wie ökonomischen Verhältnissen zu verstehen. Ordnungen zeigen sich in historischen und zeitgenössischen Konstruktionen, ReInterpretationen und Verwendungen, ihren Anordnungen in Raum und Zeit, ihren affektiven Registern. Die Dinge werden seziert, Hintergründe ihrer Konstruktion hinterfragt, immaterielle Werte und Normen sichtbar gemacht.

Die gezeigten Positionen hinterfragen die vermeintliche Neutralität der Orte der Dinge. Sie machen Dinge zu Zeug*innen. Wem gehören bzw. gehörten sie? Für wen sprechen sie und wann bleiben sie stumm? Welche Geschichten erzählen sie über sich, Gesellschaften und ihre Perspektiven? Was sagen uns Dinge darüber, wer sprechen kann und darf, wem die Deutungsmacht über und durch Dinge zukommt? Welche Gegenstände werden sichtbar gemacht oder verbleiben in den Archiven? Welches Wissen liegt in den Dingen verborgen?

Zudem befasst sich die Ausstellung mit dem Potential der Dinge. Sie sind nicht als bloße Verweise auf festgeschriebene Bedeutungen zu verstehen, sondern als Potentialitäten, aus denen heraus sich andere Verwendungen, Repräsentationen und Kräfte-Verhältnisse entwickeln können. So können sie in neuen Kontexten ihre Funktionen und Bedeutungen verändern und an Wichtigkeit gewinnen oder verlieren.

Die gezeigten Positionen machen uns vertraut mit dem Leben der Dinge.1 Hierfür wird das Ding nicht als lebloses Objekt begriffen. Es bedarf vielmehr Aufmerksamkeit, Zeit, Handhabung oder Care. Dinge spenden Trost, wecken Erinnerung, sind unabdingbares Hilfsmittel, symbolisieren sozialen Status oder politische Agenden. Die Menschen wirken nicht nur auf Dinge ein, sondern die Dinge auch auf uns.

So wird das Ding als Fährte, als Spur im doppelten Sinne verstanden. Einerseits sind es die Arbeiten der Künstler*innen und Schüler*innen, deren Auseinandersetzungen unterschied- liche Zugänge zu Genealogien der Dinge schaffen. Andererseits können die Besuchenden die gelegten Spuren individuell inter­pretieren, eigene Wege gehen, Verknüpfungen herstellen und ihre Beziehung zu Dingen befragen. Die Begegnung mit Dingen bietet so die Möglichkeit einer Untersuchung, Dekonstruktion und Befragung und fordert die Besuchenden zum Unlearning auf: Nicht nur in der Ausstellung, sondern auch im Alltag.

Yul Koh & Rebecca Fuxen

 

1 – Beispielsweise Institutionen,
Archive, Museen, Shops oder
öffentliche Orte, aber auch
private Rückzugsorte.

 

Kunstvermittlung

Dinggeschichten
mit Sophie Anna Stadler
Workshop, Oktober 2020

Schüler*innen zeigen hier Arbeiten, die in einem Workshop entstanden sind, in dem sie sich gemeinsam mit der Künstlerin Sophie Anna Stadler mit Alltagsgegenständen auseinandersetzen. Dabei sind die leitenden Fragen: Was kann ich über das Objekt herausfinden? Welche Komponenten beinhaltet es und woher kommen sie? Was ist die – imaginierte, historische oder soziokulturelle – Geschichte des Objekts? In welcher Relation steht das Objekt zu anderen Objekten, welchen Einfluss hat es auf
die Umwelt? Was ist die Funktion des Objektes und wie kann oder soll sie unter­laufen werden?


Kunstvermittlungsprogramm

Das TEAM BINGO bietet in der Ausstellung Genealogie der Dinge ein Kunstvermittlungsprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an.

Dauer: 2 Stunden
Kosten: 2 Euro/Person
Anmeldung & Info unter:
Astrid Sigge
+43/676/7572464
asigge@edu.aau.at




Kleine Galerie

Landvermessungen
Elisabeth Wedenig und Judith Saupper

Die Ausstellung ist eine Weiterentwicklung des Projektes Landvermessungen mit Werke von allen Entstehungszeitpunkten. - Arbeiten die auf den aktuellen Postkartenverkehr reagieren, stehen neben jenen, die am Anfang des Projektes entstanden. Eine Dokumentation des Projektes und Auszüge aus dem Briefverkehr mit Originalpostkarten bespielen den Raum in einer komprimierten Weise. - Dicht an dicht, wie in einer Wunderkammer der Spätrenaissance, hängen und stehen die verschiedenen Arbeiten nebeneinander und treten so in eine neue Beziehung zu einander. Ganz im Sinne des Projektes Landvermessungen verändert der Raum den Blick auf die Exponate.

 

LANDVERMESSUNGEN & PROVINZPOST
Ein Projekt von Elisabeth Wedenig & Judith Saupper

Am Anfang des Landvermessungen-Projektes 2013 stand der Postkartenverkehr der beiden Künstlerinnen zwischen den ländlichen Gegenden Glanegg/ Kärnten und Friedrichshafen / Baden-Württemberg.

Die Postkarte wird als Vermittlungsmedium/ Ideenträger verstanden: Fragen, vage Ideen und Gedanken, konkrete Antworten werden ausgetauscht und dienen als Inspiration für die daraus entstehenden künstlerischen Arbeiten. Beide Seiten der Postkarten werden als Gestaltungsebenen verwendet: ihnen wird mit Text und Zeichnung, durch die Wahl des Postkartenmotives und der Wahl der Briefmarke Form verliehen. So wird die Postkarte als gesamtheitliches, künstlerisches Ausdrucksmittel verstanden.

Ganz im Sinne von Jacques Derridas Die Postkarte sind sich die Künstlerinnen dem 'zu spät' ,der 'Tragik der Verspätung' ganz im 'Zeichen der Post' bewusst, und dies wird von ihnen auch immer wieder thematisiert.

Im Frühjahr/ Sommer 2015 wurden Orte in der Provinz zu vorübergehenden Ausstellungsflächen. Während der Landvermessungen -Tour wurden einzelne künstlerische Arbeiten an unkonventionelle Räumlichkeiten adaptiert und waren als Pop-up Ausstellungen jeweils an einem Tag für nur wenige Stunden zugänglich; danach wurden die Zelte wieder abgebaut und nomadisch weitergezogen.

Im Herbst 2015 wurde die Ausstellung Landvermessungen mit den künstlerischen Antworten auf die Provinzpost und der Dokumentation des bisherigen Projektes in der bäckerstrasse4 plattform für junge kunst in Wien gezeigt. Im Zuge der Ausstellung entstand der Katalog Landvermessungen mit Texten von Alexandra Matzner und Nina Schedlmayer. 

Nach einiger Zeit Pause wird 2019 der Postkartenverkehr wieder aufgenommen. Die Korrespondenz bildet wieder die Grundlage für neue künstlerische Auseinandersetzungen.

 

 

 

 

Raumansicht GIFT


Raumansicht, Tsai-Ju Wu


Raumansicht, Yoshinori Niwa

 

DeichkindDeichkind, 2019,
Pressebild

Sophie Dvořák,
Von Legenden und Projektionen (Of Legends and Projections)
, 2014/15 de kleine bosatlas 1969, Collagen und cut-out Papierobjekte


Gift,
The GIFT, 2019
Mixed media installation

Hanna Kučera
rest, 2019
Skulptur

Yoshinori Niwa
Withdrawing Adolf Hitler from a Private Space
, 2018
Commissioned and produced by steirischerherbst_18,
Installation, Hauptplatz, Graz

Pusha Petrov
22,1 déka, aus der Serie Pugasnić, 2019
Fotografie

Elisabeth von Samsonow
Natur, 2020
Installation mit Videoarbeit und Möbeln

Manuel Sékou
In medias res, 2020
Dreiteiliges Buch, A5, Softcover (self-published)

 

Tsai-Ju Wu
Hide behind your curtain, 2019
Interaktive Installation, mobile Kleiderständer


 


Elisabeth Wedenig
(trd) the running dog 2, 2016
Öl und Acryl auf Leinwand, 190 x 160 cm
Foto Lisa Lux


Judith Saupper
Berechnung der Heimatfähigkeit Glanegg l= 0,38m, 2015
Installation
Foto: Judith Saupper, Bildrecht 2020